Saint Elmo's Grafik: Pizza

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Menschen first

30. März 2022, Peter Gocht

Früher war es so schön einfach: Wer nach 9 Uhr in die Agentur wollte, stand vor verschlossener Tür. Dafür war um 18 Uhr noch lange nicht Feierabend. Jeden Abend wurde Pizza bestellt und Überstunden waren irgendwie cool. Familie, Freunde, Privatleben? Egal. Am Ende dachte man: „Jetzt haben wir so viel Zeit und Pizza investiert. Das muss einfach die beste Kampagne sein!“

Wahrscheinlich fanden das insgeheim nur die wenigsten cool. Aber niemand hat etwas dagegen unternommen.

Die Methode funktioniert heute nicht mehr. Und das ist gut so. Nicht nur für Agenturen, sondern für alle Unternehmen. Times are changing.

Die Ziele, die Arbeitgeber erreichen müssen, sind jedoch gleich geblieben. Wie also stellt man sich auf, um trotzdem zum besten Ergebnis zu gelangen? Die einfache Antwort: Die besten Leute einstellen und sie so arbeiten lassen, dass sie ihr Potenzial auch entfalten können.

Bei der Umsetzung wird es kompliziert: Eine Mitarbeiterin will nebenher ihren Master machen. Der andere pflegt noch die betagte Mutter. Noch ein anderer ist „irgendwie nicht so der Typ für ‘ne 5-Tage Woche“. Und die alleinerziehende Mutter kann nur zu bestimmten Zeiten arbeiten.

Alle vier sind richtig gute Leute. Aber würde man sie nun in ein 9-bis-18-Uhr-Korsett zwängen, müssten sie sich immer wieder zerreißen. Das funktioniert auf Dauer nicht. So werden aus richtig guten Leuten nicht so gute, erschöpfte und frustrierte Mitarbeitende.

Flexy is the new sexy

Deswegen sollten Unternehmen sich immer in einem Changeprozess befinden. Denn die Mitarbeitenden und ihre Lebensumstände fordern die Art zu arbeiten immer wieder heraus. Damit Menschen voll bei der Sache sind und ihr Potenzial entfalten können, muss sich das System an sie anpassen. Einen Arbeitsprozess baut man um die Menschen herum. Das ist Customized Working.

Flexible Arbeitszeiten? Kriegt man hin. Teilzeit mit Führungsverantwortung? Warum nicht! Und seit den ersten Corona Lockdowns ist klar, dass Homeoffice und mobile Office klappen. Flexy is the new sexy. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass Vertrauensarbeit funktioniert. Als Arbeitgeber den Mitarbeitenden zu vertrauen revolutioniert und verbessert gerade die Arbeitswelt. In beide Richtungen. Vertrauensarbeit ist die Basis für New Work.

Eine weitere Erkenntnis verändert bereits den Recruitment-Prozess: Immer wieder kommt es vor, dass Bewerber*innen zu einem Teil das Gesuch nicht erfüllen. Allerdings bringen sie andere Fähigkeiten mit, die dem Unternehmen an anderer Stelle fehlen. Die ursprünglich fehlende Kompetenz ergänzt wiederum jemand, der sich für eine andere Stelle beworben hat. Auch Job-Gesuche dürfen sich also verändern. Offener nach Fähigkeiten suchen und weniger per Jobtitel. Customized Working beginnt schon bei der Personalsuche.

Und ja: Das alles ist im Alltag ganz schön herausfordernd. Aber das ist die neue Realität. Das kann man nicht mehr ändern. Und warum auch? Denn auf diese Art kommen Menschen mit unterschiedlichen Lebensrealitäten zusammen. Diese Vielfalt führt bei vielen Aufgabenbereichen zu neuem und substanziellerem Denken. Und davon profitiert jedes Unternehmen.


Dieser Beitrag ist in seiner ursprünglichen Fassung zuerst bei W&V erschienen.

Peter Gocht

Über den Autor

Peter Gocht ist Kreationschef und Managing Director bei Saint Elmo’s Hamburg. Der Top-Kreative hat bereits viel Agenturerfahrung, u. A. als Creative Director bei Grabarz & Partner und Jung von Matt sowie als Mitglied des Creative Boards und Global Executive Creative Director bei Serviceplan. Seine Kampagnen für Kunden wie Mercedes-Benz, Netflix und Google sowie die globale „I am Nikon“ Kampagne gewannen zahlreiche Kreativpreise, darunter sechs Cannes-Löwen und ein Grand Prix bei den New York Festivals. Bei Saint Elmo’s Hamburg ist er für die kreative Verbindung der klassischen und digitalen Markenkommunikation verantwortlich.

E-Mail: p.gocht@saint-elmos.com

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