Saint Elmo's: Warum so neugierig?

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Warum so neugierig?

04. Dezember 2019, Dennis Pfisterer

Neugier ist kein schlechtes Benehmen, sondern der Schlüssel für erfolgreiche Kommunikation.

Die Annahme, dass „zu viele Fragen“ beziehungsweise Neugier etwas Schlechtes seien, ist kulturell tief verwurzelt. Es fängt wortwörtlich bei Adam und Eva an: Verführt von der bösen Schlange, essen sie – getrieben von Neugier – von der verbotenen Frucht und erlangen zwar „Erkenntnis“, müssen daraufhin aber leider das Paradies verlassen. Wenig besser ist es bei den alten Griechen. Dort entweichen einer geheimnisvollen Büchse Übel wie Arbeit, Krankheit und der Tod, die der Menschheit bis dahin unbekannt waren – hätte Pandora bloß auf Zeus gehört.

 

Neugier inspiriert Innovation

Falls Sie sich aber öfter mal fragen: Warum zum Teufel …?, Wie in Gottes Namen …? oder Wieso eigentlich nicht …?, machen Sie automatisch einen Schritt nach vorne. Denn ohne den Status Quo in Frage zu stellen, wüssten wir heute nicht, dass die Welt rund ist, würden Computer nicht in Hosentaschen passen und Autos nicht von selbst fahren. Erfinderische und kreative Menschen sind einfach neugierig. Oder ist es andersherum, um kreativ zu sein muss man neugierig sein? Sicher ist, Neues zu erforschen und sich damit neues Wissen anzueignen, liegt in unserer Natur.

Als Kinder begreifen wir die Welt, indem wir uns und anderen ständig und bisweilen nervige Fragen stellen und Dinge einfach ausprobieren: Was passiert, wenn ich meinen Teller vom Tisch schmeiße? Wie schmeckt eigentlich Sand? Und soll ich vielleicht mal auf diesen rot-leuchtenden Knopf drücken?“ – Neues zu entdecken macht uns einfach Spaß. Denn Neugier führt uns zu Überraschungen, neuen Erfahrungen, Herausforderungen, Entdeckungen und unerwarteten Gelegenheiten zum Lernen – und damit zu einem glücklicheren Leben, wie etwa der Psychologe Daniel Todd Gilbert von der Universität Harvard schreibt.*

Saint Elmo's Cat

Stirbt Neugier aus?

Dass unser natürlicher Forscherdrang und unsere Neugier irgendwann flöten gehen, lässt sich durch Erziehung und Kultur erklären. „Steck deine Nase nicht anderer Leute Angelegenheiten“, „es ist gut, wie es ist“, „Schuster, bleib bei deinen Leisten“ oder später „das ist nicht dein Job!“ sind Killer von Neugier. Ebenso ist verständlich, dass die Gier nach Neuem nachlässt, desto älter wir werden. Irgendwann haben wir schon viel erlebt, wissen mehr und haben weniger Fragen. Wir sind einfach nicht mehr so hungrig wie früher. Doch gelangen wir an den Punkt, an dem jegliche Neugier gestorben ist, berauben wir uns nicht nur besonderer Momente des Glücks, sondern verlieren auch den vielleicht wichtigsten Treiber unseres Fortschritts.

In einer von Innovation getriebenen Gesellschaft und Wirtschaft müsste man eigentlich davon ausgehen, dass durch ständig nachrückende Generation auch ständig mehr Neugier entsteht. Quasi eine natürliche Verteilung von Neugier über alle Generationen, die unsere Gesellschaft antreibt. Wie eine Studie des Merck-Konzerns in Zusammenarbeit mit einer multi-disziplinären Forschergruppe nahelegt, scheinen jedoch gerade in der jüngsten Generation Z die Neugier und der Innovationsgeist weitaus schwächer ausgeprägt als in der vorherigen. Neben gesellschaftlicher und kultureller Prägung spielt hier möglicherweise eine wirtschaftliche und geistige Saturierung eine wenig förderliche Rolle. Denn Neugier ist eben auch immer eine Suche nach Auswegen aus wirtschaftlichen Missständen oder persönlicher Langeweile.

Wonach der Einzelne sucht, ist dabei sehr unterschiedlich. Der Psychologe Daniel Berlyne unterteilt Neugier in die Suche nach neuen Erfahrungen und die Suche nach Wissen, die entweder zielgerichtet oder allgemeiner Natur ist. Wenn uns aber suggeriert wird, das alles Wissen der Welt ständig und immer verfügbar ist, warum sollten wir nach neuem Wissen gieren? Und warum sollten wir überhaupt noch nach neuen Erlebnissen suchen, wenn diese schon auf x Millionen Kanälen von x Millionen Marken und x Millionen Menschen en Detail und von allen Seiten beleuchtet wurden?

Saint Elmo's Curiosity

Neugier ist der Schlüssel für Kreativität

Und hier sind wir auch beim Thema Marketing & Kommunikation. Eine natürliche Neugier wird hier oftmals beim Empfänger der gesendeten Botschaften einfach vorausgesetzt. Und wir glauben, da Konsumenten und Nutzer immer weniger Zeit haben, müssen wir ihnen immer einfacher, schneller und direkter das Produkt und dessen Vorteile plakativ vermitteln. „Besserer Prozessor! Jetzt sparsamer! Heute billiger! Jetzt kaufen!“ – sind langweilige, aber am Ende einer User Journey möglicherweise zielführende Argumente.

Sollen Menschen jedoch neue Marken, innovative Produkte oder gesellschaftsrelevante Ideen kennenlernen und eine echtes „Marken-Erlebnis“ haben, funktioniert diese Strategie schlecht bis überhaupt nicht. Die Frage ist hier doch: Warum sollte der Konsument sich auf eine „Journey“ begeben wollen? Wir müssen seine Neugier also erst einmal wecken. Den Angesprochenen aus seinem paradiesisch-lethargischem Zustand befreien und ihm eine Motivation geben, aktiv zu werden. Statt Konsumenten direkt mit tausend Ausrufezeichen zu bombardieren, sollten wir uns im ersten Schritt also auf das Fragezeichen konzentrieren, das in ihrem Kopf entstehen soll. Ein Fragezeichen, das Spaß macht, den nächsten Schritt zu gehen, das Lust macht, etwas Neues zu entdecken. Vielleicht ein „Was soll das denn hier?“, hervorgerufen durch eine Guerilla-Maßnahmen an einem ungewöhnlichen Ort. Vielleicht ein „Wie haben die das geschafft?“, heraufbeschworen durch eine mutige PR-Aktion. Oder ein „Was steckt da wohl dahinter?“, aufgeworfen durch ein cleveres Content-Piece. Oder eben die ganz klassische Frage „Wie geht die Geschichte aus?“, die seit je her die Basis vieler guter Markengeschichten bildet.

Egal, ob Konsumenten nach Erlebnissen oder Wissen suchen, egal, ob sie dies im digitalen oder realen Raum tun, wollen wir eine tiefere „Experience“ bieten, tun wir gut daran, dem Empfänger die Möglichkeit zu geben, selbst noch etwas zu „entschlüsseln“ oder etwas Spannendes zu „enthüllen“. Denn dies entspricht ganz einfach unserer menschlichen Forschernatur – und belohnt uns mit einem Aha-Moment des Glücks.

Selbstverständlich dürfen die Geschichten nicht zu kryptisch oder verwirrend sein. Wenn wir aber dem Empfänger nicht mehr zumuten, selbst unsere Botschaften zu dechiffrieren, verspielen wir die Chance, dass er in unserer Marke und unseren Produkten etwas für ihn Wertvolles und Neues entdeckt – und sich auf einer tieferen Ebene damit identifiziert. Die Kunst der Kommunikation besteht letztendlich doch darin, Dinge kreativ und smart so zu „verpacken“, dass sie neugierig machen und damit begehrlich werden.

Wenn also das nächste Mal über neue Kommunikationsmaßnahmen diskutiert wird und die Frage auftaucht: „Wozu der ganze Schnickschnack? Warum zeigen wir nicht einfach unser Produkt und seine Vorteile?“ – seien Sie mutig und antworten Sie vielleicht mal so: „Marken bauen auf Vertrauen und Wissen. Und Wissen erlangen ist eine Frage der Neugier.“

 

*Daniel Todd Gilbert, Ins Glück stolpern. Suche dein Glück nicht, dann findet es dich von selbst, 2008.

Saint Elmo's: Dennis Pfisterer

Über den Autor

Dennis Pfisterer ist seit 2008 Partner in der SAINT ELMO'S Gruppe und seit 2021 Geschäftsführer von Saint Elmo’s Brandspace. In seiner Arbeit verbindet er strategisches Denken mit kreativem Freigeist, um Marken mit allen Sinnen erlebbar zu machen. Seine langjährige Erfahrung in den Bereichen Brand Building und Brand Marketing baute er sowohl auf Agentur- als auch auf Kundenseite im In- und Ausland auf. Privat begeistert er sich für Interiordesign und ist Co-Founder des Collectible Design Stores Bazar Noir in Berlin.

E-Mail: d.pfisterer@saint-elmos.com

 

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