Grafik: Product Placement

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Der Dreh mit dem Apfel – Geschichten über das Product Placement

29. Januar 2020, Prof. Knut Föckler

Produktplatzierungen haben schon längst ihren Platz im Marketing-Mix gefunden.

Anfangs stand beim Aufklappen der PowerBooks das Apple-Logo auf dem Kopf. Erst 1997 wurde es um 180 Grad gedreht. Seitdem ist der hinterleuchtete Apfel bei jedem Product Placement ein perfekter Blickfang. Ein einfacher wie genialer Trick, der sich für Apple auszahlen sollte. 

Mission Possible

Mitte der 90er, zehn Jahre nachdem Steve Jobs, nach heftigen Streitigkeiten mit seinem CEO John Sculley, Apple den Rücken gekehrt hatte, geriet die Firma in große wirtschaftliche Probleme. Zu dieser Zeit war Apples Marketing Manager Jon Holtzman bereits gut in der Film- und Fernseh-Produktionslandschaft vernetzt und es gelang ihm, Apple im Film „Mission Impossible“ mit Tom Cruise zu platzieren. Er hatte große interne Widerstände zu überwinden, triumphierte aber schließlich mit dem Argument: „… you may only have 10 percent market share in the real world, but I have 90 percent market share on the silver screen.” Der Erfolg gab ihm Recht. Auch in der Sache mit dem Logodreh, den er aber erst viel später, nach der Rückkehr von Steve Jobs, durchsetzen konnte. 

Wer hat’s erfunden?

Holtzmans Beharrlichkeit hat sich gelohnt: Bis heute arbeitet Apple eng mit der Entertainment-Branche zusammen und macht mit seinen Produktplatzierungen immer wieder von sich reden. Aber ist nun Jon Holtzman der Erfinder des Product Placements? Vermutlich nicht. 1894 startete der Erfinder der Glühbirne, Thomas A. Edison, sein „Black Maria Studio“ und später die „Edison Studios“, wo fast 1.200 Stummfilme entstanden. Edisons Film-Team erkannte bereits damals die Chance, Win-Win-Konstellationen mit den Eisenbahnfirmen zu schaffen, die Produkte aus Edisons Firmen bezogen: Die Eisenbahngesellschaft transportierte die Film-Crews mit ihrem Equipment und dafür wurden deren Marken – zum Beispiel der Schnellzug „Black Diamond Express“ – in den Filmen prominent gefeatured. Seit diesen Anfängen gibt es einige Erfolgsstories, die zeigen, wie sehr sich geschicktes Product Placement auf die Bekanntheit von Marken und Produkten auswirken kann. 

Placement Coups

Legendär ist die Product-Placement-Story von Steven Spielbergs „E.T. – Der Außerirdische“, einem der größten kommerziellen Kino-Erfolge. Der Junge namens Elliot legt eine Spur mit Schokoladenbonbons, um E.T. ins Haus zu locken. Die Anfrage der Filmproduktion Amblin Entertainment, ob man dafür M&Ms verwenden dürfe, wurde von der Herstellerfirma Mars abgewiesen. Man nahm dann Reese’s Pieces von Hershey, ein wesentlich unbekannteres Produkt. Hershey erkannte allerdings die Riesenchance, baute eine Eine-Million-Dollar-Kampagne um das Thema herum und realisierte ein umfangreiches Paket von Ko-Promotion-Maßnahmen. Ergebnis? Sowohl die Ticket-Verkäufe bei „E.T.“ als auch die Umsätze von Reese’s Pieces schossen in die Höhe. 

James Bond Filme gelten als Rekordhalter in Sachen Product Placement. Besonders erwähnt sei „Golden Eye“ (1995), der siebzehnte Film dieser Reihe. Es war der erste Bond-Film mit Pierce Brosnan und der erste, in dem „M“ von einer Frau gespielt wurde. Es war zudem der erste, in dem Bond keinen Aston Martin fuhr. Stattdessen saß er am Steuer eines BMW Z3 und setzte damit den Startschuss für den Launch des neuen Roadsters. Das war der Start eines für BMW sehr erfolgreichen Drei-Filme-Deals mit der Produktionsfirma der Familie Broccoli.

In den Jahren 1998 und 2004 lief die HBO-TV-Serie „Sex and the City“, die aufgrund zahlreicher Product Placements scherzhaft als „Super Bowl für Frauen“ bezeichnet wurde. Jedenfalls hätten Manolo Blahnik Schuhe nie einen so großen Sympathiewert und Bekanntheitsgrad erreicht, wenn uns Carrie Bradshaw nicht durch die vielen Folgen von „Sex and the City“ auf den roten Sohlen ihrer „Manolos“ geführt hätte. Heute kennt so gut wie jeder die Schuhmarke.

Für 'n Apple und 'n Ei?

Viele Geschichten ranken sich aber auch um die Höhe der Kosten für Produktplatzierungen. Weil zum Beispiel in vielen Teilen der Mission-Impossible-Reihe Tom Cruise mit dem PowerBook zu sehen ist, entstand das Gerücht, Apple habe für das Placement 5 Millionen Dollar gezahlt. Holtzman, der inzwischen in Los Angeles seine eigene Agentur für Product Placement betreibt, bestreitet das nach wie vor energisch. Er betont vielmehr, dass so charismatischen Marken wie Apple eher die Ausstattung upgraden und dass Ausstatter solche Marken einfach gern auf dem Set sehen. In der Realität der Hollywood-Produktionen fließt aber heute in der Regel Geld, wenn es um signifikante Placements wie in den Bond-Filmen geht. Und dieses Geld wird bereits bei der Planung des Produktionsbudgets mitberücksichtigt.

Produktplatzierungen in Deutschland

Hierzulande sind Produktplatzierungen stärker reglementiert. Nachdem sich das Thema in Deutschland lange in einer rechtlichen Grauzone bewegte, wurde am 1. April 2010 – einer EU-Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste (AVMD) aus dem Jahr 2007 folgend – der rechtliche Rahmen für Product Placements gesteckt. Der 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag hat im Wesentlichen die Inhalte der AVMD-Richtlinie in deutsches Rundfunkrecht übertragen. 

Konkret bedeutet das: Produktplatzierungen werden auf Unterhaltungsformate beschränkt und müssen als solche gekennzeichnet werden. Eingriffe in die Dramaturgie sind unzulässig, ebenso wie direkte Kaufaufforderungen. Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gelten zudem einige weitere Regeln: Eine lautet zum Beispiel, dass Produktionshilfen beziehungsweise Beistellungen kostenlos sein müssen. Innerhalb des definierten Handlungsspielraums können heute auch auf dem deutschen Markt Marken das Thema Product Placement in ihr Marketing-Mix einbeziehen und diese wirksame Form der Marken-kommunikation legal nutzen.

Digitalisierung und der Wettkampf der „Streamer“

Die Digitalisierung der Medien bringt die alte Ordnung zwischen Produzenten, Film, Fernsehen und Zuschauern zunehmend durcheinander. Zwar liegt die Sehdauer beim linearen TV mit gut dreieinhalb Stunden täglich noch deutlich über der Nutzung von Online Videos*, jedoch nimmt die Fernsehnutzung bei den jüngeren Altersgruppen ab und die Online- beziehungsweise VoD-Nutzung nimmt insgesamt zu. Dem begegnen die großen TV-Sender durch eine ständige Optimierung ihrer Online-Mediatheken. 

Das große „Game of Thrones“ findet aber im Internet statt: Neben Netflix, Amazon Prime Video sind nun auch Disney und Apple in die Streaming-Arena gestürmt. Disney+ kommt mit Kampfpreisen, einem riesigen Programmvermögen und berühmten Marken (neben Disney auch Marvel, Pixar, Star Wars und National Geographic). Apple TV+ startete seinen Service in 100 Ländern gleichzeitig, hat seine neue App auf 900 Mio. iPhones installiert und bietet ebenfalls Gratis-Pakete für Käufer neuer Geräte. 

Auch die deutschen Streaming-Anbieter gehen aktiv in den Ring. Die Deutsche Telekom hat ihr Entertain TV in Magenta TV umbenannt und experimentiert mit ersten Eigenproduktionen. ProSiebenSat.1 hat mit Discovery die Streaming-Plattform Joyn gestartet. Joyn setzt auf lokale Programme und strebt an, in zwei Jahren 10 Millionen Kunden zu erreichen. Daneben gibt es weitere kostenpflichtige und kostenlose Streaming-Angebote, die dem klassischen TV kräftig Konkurrenz machen – nicht zuletzt YouTube, wo man seit diesem Jahr neben den wie bisher kostenlosen Videoclips auch YouTube Premium (YouTube und YouTube Music ohne Werbung) abonnieren kann.

Die immense Bandbreite an Online-TV-Angeboten bietet für Product Placements große Chancen. Das hat die amerikanische Markenartikelindustrie längst erkannt und in ihre Marketing-Strategien integriert. Und wieder einmal gelingt es Apple, Aufsehen zu erregen: „The Wall Street Journal“ zählte in jeder Folge von „The Morning Show“ durchschnittlich 32 Kameraeinstellungen, die ein Apple Produkt zeigen. „The Morning Show“ (seit 1. November 2019 on air) ist ein Apple TV+ „Original“ – wie die Eigenproduktionen der Streamer genannt werden. NETFLIX hat laut American Marketing Journal in der dritten Staffel von „Stranger Things“ 15 Mio. Dollar mit Product Placements eingenommen. Es wurden rund 45 Produkte aus den Bereichen Automobil, Getränke, Schuhe, Einzelhandel und Food registriert.

Wozu so viel Aufwand?

Warum betreiben aber die Marketers so viel Aufwand, um ihre Produkte in Unterhaltungsformaten zu zeigen? Ganz einfach: Weil es wirksam ist. Untersuchungen haben ergeben, dass Zuschauer dramaturgisch sinnvoll integrierte Produkte als stilbildendes Element wahrnehmen und keinesfalls als störend empfinden. Im Gegenteil: Lebensstile und Konsumverhalten von Protagonisten aus beliebten Filmen, Serien und Shows dienen als Orientierung für das eigene Verhalten. Das schafft Chancen, Marken positiv zu aktivieren und nachhaltig im Bewusstsein der Konsumenten zu verankern. Dabei muss aber nicht gleich am „Apfel“ gedreht oder gar aufwändige TV-Formate in Eigenregie produziert werden, wie Apple das macht. Passen Story, Protagonisten und Marke zusammen, so können auch kleinere, smarte und gezielte Platzierungen Aufmerksamkeit für die Marke schaffen und sie positiv aufladen.

*Im ersten Quartal 2019 schauten laut dem Media Activity Guide 2019 die befragten 14- bis 69-jährigen Deutschen jeden Tag durchschnittlich 24 Minuten kostenlose Online-Videos und 19 Minuten Pay Video-on-Demand.
 

Prof. Knut Föckler

Über den Autor

Prof. Knut Föckler – bei Saint Elmo's für den Bereich Product Placement verantwortlich – hat mit Tony Scott Marlboro-Werbung produziert, war mit George Lucas auf Promotion-Tour für die TV-Serie „Young Indiana Jones“, hat für Sat.1 "Kommissar Rex“, „Der Bergdoktor“ u.v.a.m. auf den Bildschirm gebracht, bevor er bei Microsoft und der DTAG in die digitale Welt einstieg. Heute stattet er deutsche Film- und Fernsehproduktionen mit Top-Marken aus, zum Beispiel über BMW Product Placement.

E-Mail: k.foeckler@saint-elmos.com

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